15. Benefizkonzert 2023 „Die goldenen Zwanziger Jahre“

Werdener Nachrichten             Peter Noçon    06.04.2023

Eingerollt in Armstrongs Jazz    15.Benefizkonzert des Lionsclubs Werden

Die „Goldenen ZwanzigerJahre“ waren das Thema des Benefizkonzerts, zu dem der Lions Club Esssen-Werden eingeladen hatte. Die „Roaring 20 s“, wie die heftig brausende Ära genannt wird, rollten durch die Neue Aula. Das Konzert hatte Unterstützung für 5. Studenten der Folkwang-Universität der Künste und das Christliche Dorle-Streffer-Hospiz in Werden angekündigt.

Die Fahnen des Lionsclubs und die von den Mitgliedern stolz umgebundenen Clubkrawatten verliehen der Neuen Aula ein unübersehbar gewolltes amerikanisches Flair, das die Clubherkunft aufgriff.

Auf diese Weise erfüllten die oft als „golden“ beschworenen 1920er Jahre etwas Erfreuliches, was sie in ihrer Zeit vor 100 Jahren der Allgemeinheit nicht boten, wovon das bekannte „Großstadt-Triptichon“ des Malers Otto Dix ein beredtes Dokument ist. Aber dieses war an diesem Abend kein Thema. Was zählte, war der Glanz- und den gab die Musik aus jenen Jahren reichlich.

In die Seile der Akrobatik folgte Folkwang Professor Till Engel am Piano dem Komponisten Paul Hindemith (1895 – 1963) bei der Aufführung von zwei Auszügen aus dessen „1922. Suite für Klavier“, die, wie er anmerkte, bei einem Zirkuserlebnis entstanden sei. Lässig und clownesk ging die Musik wider harmonische Empfindungen ans Werk, und unter den langen Pianistenhänden auf den Tasten zog sich der Klangvorhang auf zum Varieté, das ohne Halt und Anker spritzig und draufgängerisch mit monotoner Zwischenphase zum erstatisch hämmernden und klirrenden Finale ansetzte.

Vom die Zeitgenossen Hindemiths zunächst schockierenden Ton wechselte das Konzert ins spätromantische Liedfach, aus dem das Duett Jeanne Jansen (Sopran) und Thomas Linstedt (Klavier) „Walzergesänge nach toskanischem Vorbild von Ferdinand Gregorovius op. 6″ von Alexander von Zemlinsky (1871 – 1942) vortrug. Die beiden Masterstudierenden an der Folkwang-Universität setzten die Komposition zu einem akustischen Gemälde um, wobei das stimmliche Füllen von der instrumentalen Begleitung getragen wurde, so dass eine die besungenen Situationen nachahmende Harmonie dargeboten wurde, deren Spannweite vom Wohlgefühl bis zur Schauerromantik reichte und einen im Konzertverlauf erholsamen Teil ausmachte.

Reiche Musikfreude

Weg von der Ruhe hinein ins Varieté kamen mit der Pianistin Sophie Sczepanek, die ihr Studium an der Folkwang-Universität absolviert hatte, und der Mezzosopranistin Rebecca Engel, Tochter des auch moderierenden Pianisten Till Engel, mit Zylinder auf die Bühne.

Im Duo boten sie einen Ausflug in die Unterhaltungswelt der Zeit, die zum Thema des Konzerts vom Lions Club ausgewählt worden war. Karikierend und emanzipatorisch ging es um Eherollen bei Otto Reutter. In einem Fast-Sprechgesang mit Kurt Weill wollte die einschaukelnde Melodie in einer schummerigen Atmosphäre fesseln, um daraus ihre Anklage zu erheben. Von Hanns Eisler kam die Vertonung des Tucholsky-Textes „Der Graben*, den das Bühnenduo mit verfremdetem Beruhigungsklang erfasste. Schnittig gaben die Musikerinnen dem flüchtigen Traumglück Friedrich Hollaenders „Eine kleine Sehnsucht“ den passenden schmerzend-füllenden Klang, denn „eine kleine Sehnsucht braucht jeder zum Glücklichsein“.

Nicht nur um ein bisschen Glück ging es in diesem Konzert, sondern mit einer reichen Musikfreude wandten sich die „Folkwang Hot Serenaders“, dem von Professor Rvan Carniaux geleiteten Jazz-Ensemble, mit Kompositionen der Jazzlegenden Louis Armstrong und Duke Ellington dem beglückt reagierenden Publikum zu, das die Aufführung oft mit Szenenapplaus durchzog.

Der Soundrhythmus schob eine Woge durch den Saal und wurde von der Jazzbegeisterung getragen. Nachtwandlerisch sicher bis zur Ermattung, schlängelnd heiter vom Alltag abgehoben, in Selbstbestätigung gefiel alles. Ein musikalisch nächtliches Bummeln in einer klanglich clubnahen Atmosphäre kam genießend in der schlaffreien Nacht des „moonlight“ (Mondlicht) „I’m happy all the time“ (ich bin immer glücklich), hätten die Konzertanwesenden auch gern mitgesungen und wollten die virulenten Melodien in ihrem Applaus nicht loslassen, in die sie die „Serenaders“ Band verführt hatten. Eine herbe Abendmelodie des Bandleaders Carniaux als Zugabe wurde willig von den Konzertbesuchern als Einladung zum anschließenden Büffet angenommen.

Zu Beginn des „Benefizkonzerts“ waren fünf Folkwang-Studenten vom Lionsclub Werden mit einem „Förderpreis“ ausgestattet worden: Oleksandr Loiko (Klavier), Ekatarina Perlina (Violine, nicht auf dem Bild), Jana Simic (Cello), Avten Ibrahi-mova (Violine) und Andreas (Tuba).